Kulturfahrten in Ungarn - programme


 

SÁNDOR PETÕFI: (1823-1849)

TIEFLAND

Wildromantische Karpatenberge,
könnt euch wohl bewundern, doch nicht liebeben,
fremd sind euere Wälder, kahlen Höhen
immer meiner Phantasie geblieben.

Nur im Tiefland fühle ich mich zu Hause,
nur in seinen meeresglatten Weiten
kann ich wie ein Aar, der aus dem Kerker
ausbrach, frei und froh die Flügel breiten.

Ungehindert, hoch bis zu den Wolken
steigen meine Träume auf verwegen.
Von der Donau bis zum Theissstrom lächelt
mir die grüne Ebene entgegen.

Luftige Spiegelbilder seh ich flimmern,
seh zum Schwengelbrunnen mittags schreiten
Kleinkumaniens grosse Rinderherden,
hör melodisch ihre Glocken läuten.

Pusstawind trägt zu mir das Gestrappel
und Gestampfe schneller Pferdehufe,
Pfeifen und Geknall der Tschikosch-Peitschen,
das Gelärme schriller Hirtenrufe.

Wogend um die Einödhöfe seh ich
Weizenfelder in der Sonne glänzen,
Schimmernd wie Smaragde die Umzäunung
lebensvoll und fröhlich grün umkränzen.

Wilde Gänse fliegen von den Weihern
abends oft hieher mit leisem Schnattern,
um, wenn sich im Wind die Halme biegen,
aufgescheucht, erschrocken fortzuflattern.

Einsam, ganz weit draussen in der Pussta
sieht man eine Schenke; dorthin laufen
immer, wenn grad Markt in Kecskemét ist,
die Betyaren, um sich zu besaufen.

Schmättige Pappeln hegen ein die Tscharda,
Burzelndorn kann höchstens dort gedeihen.
In den Pappeln kann der Turmfalk nisten,
kreischen, ungestört von Kinderschreien.

Federgras sieht man dort traurig wuchern
und die blauen Honigdisteln spriessen,
unter deren Schatten bunte Echsen
friedlich ihren Mittagsschlaf geniessen.

Fern, wo Erd und Himmel sich berühren,
recken hinter blauen Obstbaumzeilen
Kirchentürme von verstreuten Städten
sich empor wie blasse Nebelsäulen.

Tiefland, schön bist du, für mich zumindest!
Hier kam ich zur Welt, stand meine Wiege,
und ich will, dass hier mich deckt das Bahrtuch,
dass ich hier, nur hier begraben liege.

1844
(Nachdichtung: Martin Remané)
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SÁNDOR PETÕFI: (1823-1849)

HERR PÁL PATÓ

Wie in Zauberschlaf versunken,
döste mürrisch, nie recht froh,
vor sich hin in seinem Dorfe
unbeweibt Herr Pál Pató.
Fragte wer: "Aus welchem Grunde
hat der Herr noch nicht gefreit?"
fiel er gleich ins Wort dem Frager:
"Hochzeit machen? Hat noch Zeit!"

Längst schon stand sein Haus verfallen,
Putz war kaum noch an der Wand,
und mit einem Teil des Daches
war der Wind davongerannt.
Fragte wer: "Soll man's nicht decken,
eh es regnet oder schneit?"
fiel er gleich ins Wort dem Frager:
"Dach eindecken? Hat noch Zeit!"

Ganz verwahrlost lag der Garten,
Mohn und Unkraut trug das Feld.
Fragte wer: "Lasst ihr die Acker
heuer alle unbestellt,
weil die Knechte lieber bummeln
und der Pflug die Arbeit scheut?"
fiel er gleich ins Wort dem Frager:
"Feld bestellen? Hat noch Zeit!"

Schon ganz mürb war seine Hose
und der Dolman abgewetzt,
keins von beiden hätte notfalls
nur ein Mückkennetz ersetzt.
Fragte wer: "Wo bleibt der Schneider?
Liegt nicht längst der Flaus bereit?"
fiel er gleich ins Wort dem Frager:
"Anzug machen? Hat noch Zeit!"

Und so fristet er sein Leben
ärmlich, immer ohne Geld,
er, der von den Vätern erbte
Haus und Hof und Vieh und Feld.
Lasst uns müssige Worte sparen,
denn bekannt ist weit und breit
längst die Losung der Magyaren:
"Keine Sorge, hat noch Zeit!"

1847
(Nachdichtung: Martin Remané)
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FERENC KÖLCSEY (1790-1838)

HYMNE

Gib dem Volk der Ungarn, Gott,
Frohsinn, Glück und Segen,
Schütze es in Kriegsnot
Vor des Feindes Schlägen.
Ihm, das lange Schmach ertrug,
Schenke wieder Freuden,
Denn es büsste hart genug
Schuld für alle Zeiten.

Führtest es an deiner Hand
Einst auf die Karpaten,
Dass ein schönes Vaterland
Seine Enkel hatten.
Wo der Theiss, der Donau Lauf
Wälzet seine Wogen,
Wuchsen Árpáds Schöne auf,
Ward ein Volk erzogen.

Reife Ahren wogten stolz
Auf des Tieflands Feldern,
Nektar, Tropfen reinen Golds
Floss aus Tokajs Keltern,
Liessest unsre Fahnen glühn
Auf der Türken Türmen
Und die stolze Burg von Wien
Mátyás' Heer erstürmen.

Doch in Zorn entbranntest du
Über unsre Sünden,
Und du schlugst mit Blitzen zu
Und Gewitterwinden.
Liessest die Mongolen noch
Uns mit Pfeilen jagen,
Auch der Türken Sklavenjoch
Mussten wir ertragen.

Ach, wie oft Triumphgesang
Von den wilden Scharen
Der Osmanen zu uns drang,
Die geschlagen waren.
Land, wie oft hat selbst dein Sohn
Dich bekämpft nicht mider,
Wurdst zum Grab der Kinder schon
Durch die eignen Kinder.

Der Verfolgte aber fand
Nicht Versteck noch Frieden,
Auch sein eignes Vaterland
Hat ihn nur gemieden.
Berg und Tal durchwandert er,
Angst- und schmerzzerrissen,
Über ihm ein Flammenmeer,
Blutstrom ihm zu Füssen.

Manche Burg in Trümmer sank,
Wo einst Glück geschienen,
Todesröcheln, Trauerklang
Füllt nun die Ruinen.
Ach, und keine Freiheit spriesst
Aus dem Blut der Toten,
Nur der Knechtschaft Träne fliesst
Trauerschwer zu Boden.

Schick uns dein Erbarmen, Gott,
Hilf den Ungarn allen,
Rette sie vor Sturmesnot
Auf dem Meer der Qualen.
Uns, die lang das Unglück schlug,
Schenke wieder Freuden,
Denn wir büssten hart genug
Schuld für alle Zeiten.

1823
(Nachdichtung: Annamarie Bostroem)
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GYULA JUHÁSZ (1883-1937)

WIE IHRE BLONDHEIT WAR

Wie ihre Blondheit war, weiss ich nicht mehr,
ich weiss nur, dass so blond die Felder wehn,
Wenn ährenschwer der gelbe Sommer naht,
In diesem Blond kann ich sie immer sehn.

Ich kann mich ihrer Augen nicht entsinnen,
Doch öffnet sich im Herbst der Himmel Bläue,
Geht müd September hin, dann träume ich
Von ihrer Blicke Farbe jäh aufs neue.

Wie ihre Stimme war, ich hab's vergessen.
Wenn Frühlingswinde Wiesen überquern,
Dann scheinen ihre Worte aufzuklingen
Aus einem Frühling, wie der Himmel fern.

(Nachdichtung: Günther Kuhnert) Zum Anfang

GYULA JUHÁSZ (1883-1937)

ANNA IST EWIG

Die Jahre kamen und vergingen, du
Entschwandest langsam meinem Sinn. Dein Bild
In mir verblasste, und entfallen sind mir
Der Bogen deiner Schultern, deine Stimme.
Ich ging im immer tiefern Wald des Lebens
Dir nicht mehr nach. Ich spreche deinen Namen
Schon ganz gelassen aus und scheue mich
Nicht mehr vor deinem Blick. Denn heute weiss ich,
Dass du nur eine unter vielen warst,
Nur Jugendtorheit, die vergeht. Und dennoch
Glaub nicht, mein Herz, dies alles sei umsonst
Gewesen und vergangen, glaub es ja nicht.
Denn du bist da, wenn mir der Schlips verrutscht,
Wenn ich irrtümlich grüsse, mich verspreche,
Du bist in jedem Brief, den ich zerreisse,
In meinem ganzen fehlgeschlagnen Leben,
Du lebst und herrschst in ihm für ewig. Amen.

(Nachdichtung: Géza Engl) Zum Anfang


ATTILA JÓZSEF (1905-1937)

THOMAS MANN ZUM GRUSS

Dem Kinde gleich, das sich nach Ruhe sehnt
und sich schon müde in dem Kissen dehnt
und bettelt: Ach, erzähl mir was, bleib da
(dann ist das böse Dunkel nicht so nah),
und das-sein kleines Herz schlägt hart und heiss-,
was es sich eigentlich da wünscht, nicht weiss:
das Märchen oder dass du bei ihm bist-
so bitten wir: Bleib eine kurze Frist!
Erzähl uns was, selbst wenn wir es schon kennen!
Sag, dass wir uns mit Recht die Deinen nennen!
Dass wir, mit dir vereint, deine Gemeinde,
des Menschen wert sind und des Menschen Freude.
Du weisst selbst, dass die Dichter niemals lügen.
So lass die Wahrheit, nicht die Faktensiegen,
die Helle, die dem Herzen du gebracht-
denn unsre Einsamkeit, das ist die Nacht.
Lasst heut uns, Freunde, uns durchschaun! So sah
Hans Castorp einst den Leib der Frau Chauchat.
Kein Lärm, der durch des Wortes Vorhang dringt...
Erzähl, was schön ist und was Tränen bringt.
Lass, nach der Trauer, endlich Hoffnung haben
uns, die wir Kosztolányi grad begraben...
Ihn frass der Krebs nur. An der Menschheit Saat
frisst tödlich schrecklicher der Dschungelstaat.
Was hält die Zukunft noch in ihrem Schoss?
Wann bricht das Wolfsgeschmeiss gegen uns los?
Kocht schon das neue Gift, das uns entzweit?
Wie lang noch steht ein Saal für dich bereit?
Das ist's: wenn du sprichst, brennt noch unser Licht,
es leisten auf ihr Mannsein nicht Verzicht
die Männer. Frauen lächeln wunderbar,
noch gibt es Menschen (doch sie wurden rar...)
Setz dich! Fang an! Lass uns dein Märchen hören!
Und manche-doch sie werden dich nicht stören-
schauen dich nur an. Sie wollten zu dir gehn,
den Europäer unter Weissen sehn...

1937
(Nachdichtung: Stephan Hermlin)
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ATTILA JÓZSEF (1905-1937)

AN DEN LIEBEN GOTT

Bleib du nur meinen Sachen ferne,
mein Gott, ich hab dich ja so gerne.
Ja, wärest du ein Zeitungsjunge,
ich hülf dir schrein mit meiner Lunge.

Gesetzt den Fall, du wärst ein Landmann,
wie gern wär ich dir zur Hand dann;
ich würde deine Pferde striegeln
und sie dir führen an den Zügeln.

Ich pflügte dann auch deinen Acker,
zög hinter dir die Furchen wacker,
ich merkte, wo der Boden sauer,
und pflügte dort noch viel genauer.

Und wär die Flurhut dir beholfen,
so jagt' ich von der Saat die Dohlen.
Was immer wären deine Pflichten,
wir würden sie zu zweit verrichten.

Des Abends dann ich bei dir sässe,
ich lachte über deine Spässe,
ich würd dir meine Pfeife borgen
und beichten alle meine Sorgen.

1924
(Nachdichtung: Géza Engl)
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ATTILA JÓZSEF (1905-1937)

VERSPÄTETES KLAGELIED

Das Leben fiebert hinter meiner Stirne,
du, Mutter, lässt mich ziehn.
Wie eine leichte, liederliche Dirne
dem Wink gehorcht, gabst du dem Tod dich hin.
Aus weichem Herbsttag und aus lieben Frauen
versuch ich, dass dein Bild sich mir erneuer';
doch bleibt mir keine Zeit mehr, dich zu schauen,
eh ich verbrenn im Feuer.

Kriegsende war's, mit Sorg und bittern Nöten,
ich fuhr hinaus aufs Land,
denn in der Hauptstadt standen leer die Läden,
mein Budapest war wüst, wie ausgebrannt.
Auf dem Waggondach bäuchlings in derMitten
konnt ich mit Brot und Hirse heimgelangen,
für dich hatt ich sogar ein Huhn erstritten.
Doch du warst schon gegangen.

Den Würmern hin hast du dich mir genommen
und deine süsse Brust.
War einst dein Trost, dein Schelten gar willkommen,
ach, wie du lügest, ward mir nicht bewusst.
Du rührtest meine Suppe, die mich nährte,
für dich, für dich hast du mich grossgezogen.
Jetzt schmecken deine Lippen feuchte Erde.
Wie hast du mich betrogen!

Wie du mich reust! Du brachtest mir dei Essen.
Wann bat ich dich darum?
Jetzt, da du gerade liegst, hast du vergessen,
wie du einst warst? Vom ewgen Waschen krumm?
Wie schön wäre's, würdst du mich noch einmal schlagen,
dass ich dir zornig wär und deinem Sterben.
Du Schatten, Nichtsnutz, würd ich zu dir sagen,
kannst alles nur verderben!

Noch ärger als das Gaukelweib der Gassen
bist du mir jetzt verlorn,
denn deinen Glauben hast du schnöd verlassen,
den du aus Liebe jammernd einst geborn.
Was du mir gabst, muss ich vergeblich suchen,
in deiner letzten Stunde nahmst du wieder,
Dein Kind, hörst du es nicht, hat Lust zu fluchen!
Du, Mutter, schrei mich nieder!

Doch mit der Zeit verschwindet die Legende,
und mein Verstand wird klar.
DasKind, von Lieb verwöhnt, es spürt am Ende,
wie dumm und sinnlos seine Liebe war.
Denn jeder muss der Liebe sich entwöhnen,
so oder so, er wird an ihr verderben.
Er wird im Kampf, und, will er sich versöhnen,
an der Versöhnung sterben.

1935
(Nachdichtung: Günther Deicke)
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MIKLÓS RADNÓTI (1909-1944)

SIEBENTE EKLOGE

Siehst du, der Abend naht, und der Stacheldraht rings und der wilde
Eichzaun und die Baracke, sie schweben hinein in sein Dämmern.
Langsam löst sich der Blick von unsrer Gefangenschaft Rahmen,
und der Verstand nur allein weiss noch um die Ladung des Drahtes.
Sieh, auch die Phantasie gewinnt hier nur so ihre Freiheit,
unsern gebrochenen Leib löst der Schlaf, der schöne Befreier,
und das Gefangenenlager schwebt nun, da die Nacht naht, nach Hause.
Schnarchend, in Lumpen gehüllt und kahl fliegt von Serbiens blinder
Höhe der Häftlinge Schar in die Heimat, die schweigend geduckte.
Schweigend geduckte Heimat! Oh, gibt es denn noch ein Zuhause?
Wurde es nicht schon zerbombt? Und ist's so noch, wie einst wir's verliessen?
Und ob, wer rechts von mir stöhnt und links hingestreckt liegt, einst wohl heimkehrt?
Sag, gibt's dort noch einen Ort, wo man den Hexameter verstehn kann?
Ungefähr, ohne Sicht, nur Zeile um Zeile abtastend,
schreibe ich hier in der Dämmerung Verse, schreib so, wie ich lebe,
wie ein Regenwurm blind den glatten Papiergrund befühlend.
Taschenlampe und Bücher nahmen die Wächter des Lagers,
und statt der Post, der ersehnten, dringt Nebel in unsre Baracke.
Unter Gerücht- und Gewürmen leben hier Polen, Franzosen,
Römer, verträumte Bergjuden, separatistische Serben,
Stücke nur fiebernden Leibs und dennoch ein Leben hier lebend,
wartend auf frohe Botschaft, aufs Wort einer Frau, auf die Freiheit,
auf das in dichte Dämmerung stürzende Ende, auf Wunder.
Bettenlos lieg ich, gefangenes Tier zwischen Würmern; der Flöhe
Ansturm hebt neu wieder an, da die Heere der Fliegen nun ruhen.
Sieh, es ist Abend, Geliebte: ein Tag der Gefangenschaft weniger
und ein Lebenstag auch. Das Lager schläft. Auf die Landschaft
scheint nun der Mond und macht den Stacheldraht wieder erglänzen,
und man sieht durch das Fenster die Schatten bewaffneter Wächter
an die kalkige Wand projiziert unter nächtlichen Stimmen.
Siehst du, Geliebte, das Lager schläft, und es rauschen die Träume,
einer, aufgeweckt, schnauft, dreht sich um auf dem engen Fleck und schon
schläft er wieder, und sein Gesicht strahlt. Nur ich allein wache,
schmeckend den halb aufgerauchten Stummel im Munde anstelle
deines Kusses Geschmack, und es naht mir der Schlaf nicht, der milde,
denn nicht sterben, nicht leben kann ich nunmehr ohne Dich.

(Nachdichtung: Franz Fühmann) Zum Anfang

 

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